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Projekt

es wird *

484 GedächtnisLücken
vom 21.02. – 06.03.2020

… mit freundlicher Unterstützung durch die Klocker-Stiftung

# Katalog Studiohefte 40 / es wird /

Intervention / Installation / Edition
(Löschpapier & Schreibmaschine)
Ein intermuseales* Konzept im Format der WortSetzung*, einer zweiwöchigen öffentlichen, künstlerisch-literarischen Präsenzarbeit von Hanne Römer c/o .aufzeichnensysteme unter zentraler Bezugnahme zu dem Ausstellungssystem aus Schachteln von Roland Sila / Landesmuseum Innsbruck im Rahmen der Ausstellung Vergessen – Fragmente des Erinnerns (bis 8. März 2020) im Ferdinandeum Innsbruck mit einer systematischen EndabLesung* durch die Autorin und Künstlerin am 06. März 2020 sowie einer Einführung mit Gespräch um 18 Uhr in einer RaumLücke* im 1. Stock der Ausstellung im Landesmuseum Innsbruck durch Dr. Peter Assmann, Direktor des Ferdinandeums und Mag. Roland Sila, Leiter der Bibliothek des Ferdinandeums und Kurator der Ausstellung.

* .aufzeichnensysteme, ein diskursives Konzept und Zeichensystem von Hanne Römer © 2000
* Textzitate aus GRATE bzw. Begrifflichkeiten der Autorin
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Ausgangsdispositiv / Landeplatz:

Die Krise des Hinzukommens …
oder: Eine Akrobatik des Dazwischenpositionierens

publizierter Text © Hanne Römer in Studiohefte 40 / es wird /

Die Ausstellungsarchitektur von Roland Sila schafft, mit Referenz an die Sammlung und das System der Sammlung selbst, ein eigenes Raumsystem, das sich gleich einem Fremdkörper raumschaffend durch die Räume zieht. Auf der Suche nach einem Ansatzpunkt für meine Arbeit entdeckt und thematisiert mein Blick einen bis dato nicht thematisierten Raum zwischen den Schachteln: Die Lücke ist mein invertierter Blick auf Raum und Objekte. Geprägt von einem Konflikt: Dasein, Aufenthalt zwischen den Systemen. Angesichts von – überschlagen – 800 Schachteln an nur der einen ausgewählten Raumstelle, die im Gesamtraum auf 2 Etagen mehrere Tausend zählen dürften, also die Lücke das doppelte und dreifache – ist die Lücke zwischen der Schachtel, hochgerechnet ein Großraum. Das Projekt, sie zu füllen, zum Scheitern verurteilt. Doch eben um die Auffüllung oder eine Hinzufügung geht mir nicht und auch nicht um eine erbsenzählerische Mathematikaufgabe, sondern um das Sehen und Sichtbarmachen von Raum im Zwischenraum …

strebst du einen sitzplatz an?
die antwort ist JA

(IM GRÜNEN)

Konkrete Bedingungen, ihre Beweglichkeit und Weiterentwicklung sind die Grundlage der .aufzeichnensysteme, (m)ein seit 2000 leiblich, medial, technisch und materiell definiertes – sprachliche, visuelle und akustische Prozesse verarbeitendes – Kunstwerk. Zwar sehe ich mich durch die Einladung, für einen Zeitraum in einer Sammlung künstlerisch bezugnehmend präsent zu arbeiten, in ein ideales Arbeitsfeld gesetzt, gleichwohl, insofern es sich um ein, historische Artefakte einer Sammlung mit einer Vielzahl künstlerischer Positionen verschachtelndes Ausstellungs- und spezielles Raumkonzept handelt, vor eine besondere Herausforderung gestellt, einem Spagat (zwischen zwei bereits besetzten Positionen, der bereits eröffneten Ausstellung in der Künstler:innen sich mit Artefakten auf das Thema „Erinnern – Vergessen“ beziehen und dem „Verbot“ irgendetwas anzurühren oder zu verändern) eben: auszuweichen.

I prefer not to – die Sammlung als Sammelsurium

Bezugnehmende materielle oder „partizipative“ bzw. „performative“ Arbeit versteht bzw. missversteht sich nicht selten als platte (Selbst)Beschäftigungskunst, die mit ein paar Anspielungen Ansatzpunkte schafft um eigentlich letztlich bezuglos im Raum zu stehen, hängen, sitzen, liegen, zu agieren oder zu „passieren“, als letzlich thematischer – mit Verlaub – Müll.
Abgesehen von ersten Bezugnahmen zum Thema „Vergessen / Erinnern“, waren für mich mitgebrachte, vorangefertigte, assoziativ bezugnehmende bzw. sich an das Thema anhängende Artefakte – es sei denn als vorübergehende Platzhalter – ausgeschlossen bzw. bereits in der vorgefundenen Ausstellung vorhanden (!). Während mir die Idee der architektonischen Raumschachtel sofort „einfährt“, erscheint mir ein Teil der Ausstellung als ein konzptueller Bruch, in dem diese in Anhäufungen thematischer Kunstsammelsurien abgleitet. Insofern war auf dieser Ebene die Ausstellung eine bereits abgeschlossene Geschichte / Gesellschaft. Wie und wo also sollte in einer solchen Vor-Disposition etwas neues, eigenständiges in Form eines sich materialisierenden Denkprozesses vorkommen bzw. sich zurückhalten? Ein Konflikt als Fragestellung und Herausforderung an Beweglichkeit …

Koexistenz durch Korrelation – Theory & Poetry

gehäuse
bei nacht

fest verschlossen
bleibt die nuss

setzt sich
aus dem raum

rücknahme bringt
sie in form

Raum wahrnehmen, heißt, einen Platz darin finden, im bereits vorhandenen. Eine Form der Bezugnahme. Mein Einstieg in das Raumkonzept der Ausstellung, als behutsamer, bezugnehmender und damit das vorhandene Kunstwerk als solches thematisierender Zugang ist zugleich auch meine künstlerische Positionierung in Kontakt mit der Rezeption, eine Kommunikation in und mit der Ausstellung …

wie in eine wand einsteigen?
anhaltspunkte suchen
einen weg überlegen
ansetzen
halt finden
in spalten
lücken

wand
platz
halter

öffnung
durchblick
luft

raumeinfaltung
entraumung
verschachtelung

Literatur und Raumkonzept
Invertiert gedacht stellt die Methode ein Pedant zur Raumlücke dar,
Text und Lücke, Buch und Raum fügen sich – wie von selbst (te) – reissverschlussartig ineinander…Die textliche Repräsentation des poetischen Verfahrens (denn nichts anderes ist der Text der Dichtung aller Publikationen von .aufzeichnensysteme, ergibt JETZT die Lösung zum Raumkonzept, dem einfach nur zu folgen ist, „die Zeichnung zeigt die Richtung – der Rest ist Material im Verein mit der Schwerkraft“ („schrei zum hummel. eine art buch“ / .aufzeichnensysteme, Klever Verlag Wien 2013) / „bin ich das buch – oder es ?“ („seismograph – ein aufzeichnen-system“, edition ch Wien 2007 bzw. Originalzeichnung in Privatbesitz – Privat? Besitz? 🙂


mit * gekennzeichnete Textzitate aus:
„IM GRÜNEN“ (2016) und „GRATE“ (2019), .aufzeichnensysteme, erschienen: Ritter Verlag, Klagenfurt. Die literarische Textmethode (seit ca. 1999) des Kürzens / Kompromierens / der Zurücknahme / des Neukomponierens angesammelter, in Verbindung mit aktuellen, fortgesetzten, Schreiben, insofern „angeschriebener“ Archive, ist keine Arbeit zwischen vergessen oder erinnern, nicht interessiert an entsprechenden Befindlichkeiten. Meine Beschäftigung mit Textarchiven fokussiert, fern einer nostalgischen Wiederbelebung ihrer Inhalte, gar zeitgenössisch bezugnehmender, auf exakt ihr Gegenteil: ihre Auseinandernahme, Zerschlagung, Verfremdung bis zu ihrer vollkommenen Unkenntlichkeit, die sich wandelt in rein sprachliche Neuentdeckungen, die anstelle von Befindlichkeiten eine noch unerschlossene Empfindsamkeit
also überhaupt erst eröffnet. (2015, aus dem Konzept für IM GRÜNEN)

ES WIRD

beginnend mit
einem sprung

dreht die zeit
in die sonne

gehäuse
bei nacht

im kern steckt
die ausführung

rücknahme
bringt sie in form

fest verschlossen
bleibt die nuss

setzt sich
aus dem raum

die hälfte
hält doppelt

jetzt und
in zukunft
*

2 Arbeitsplätze – Arbeitsprozesse….als Kunstwerke im Kunstwerk
inmitten, ein „Darinsein“ und am Rand, einen Aussenblick hinein / hindurch“, eine Raumlücke definierend / vita activa – vita contemplativa / kommunikativ / partizipativ – installativ …

Ich setzte mit meinem System an zwei Stellen der Installation an:
Mich mitten in sie hinein sowie an ihren Rand, wo ich ihr „aussen“ thematisierte, indem ich dort einen eigenen Raum, eine Art Raumschneise im Durchgang („zum Mittelalter“) definierte, dort wo die Rauminstallation aus Schachteln eine von Kunstwerken und historischen Artefakten der Sammlung, eine, von ihrer dienenden Funktion als Zeichenträger, freie Wand bildet und als eigenständiges Kunstwerk, als innenarchitektonische Raumskulptur ganz in Erscheinung tritt, als öffentlichkeitswirksamer Produktions- / Kommunikationsort. An beiden Stellen arbeitete ich nun in ihre Lücken….wobei die Löschpapier-Text-Installation an beiden Stellen jeweils eine die Ausstellung tendenziell „störende“ und eine sich mit ihr verbindende Position ergibt; an ihrer „Aussenwand“, an der die Lücken und Schachteln der Raumskulptur mit der Löschpapier-Installation auch auf materieller Ebene eine regelrechte Symbiose eingeht, der ein neues Zeichensystem entspringt….


Herstellung einer Edition / materiellen Auflage der Lücke
exemplarisch am Rand der Raumskulptur = 484 Lücken


Die Medien als Medium

WortSetzung (Kommunikations-Format der .aufzeichnensysteme seit 2000) mittels Schreibmaschine/n (seit den 90er Jahren Arbeiten als quasi druckgraphische Setzungen) Löschpapier – das Empfängliche / Rezeptive / Aufnehmende – Materialität / Vergänglichkeit / Taktiles & Haptikdas spezielle Löschpapier, ein Quartformat, infolge einer Fehlproduktion 2014 Kunst/projekt/objekt = Pichl bei Wels, in künstlerischem Gebrauch zahlreicher Projekte, teilt sich mit, wird „gelöscht“… aktualisiert sich über das Konzept der .aufzeichnensysteme

Im Gespräch fällt ein Wort, verstärkt sich…Die Rezeption durchläuft spielerisch einen poetischen Reflektionsprozeß. Ein kurzes Moment intensiver Zuwendung schafft die sprachliche Schnittstelle in Form einer typographischen Setzung.

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